fireTMS > Blog > Incoterms im Jahr 2025: Wie man die richtige Regel für Transport und Spedition auf dem deutschen Markt auswählt
Incoterms im Jahr 2025: Wie man die richtige Regel für Transport und Spedition auf dem deutschen Markt auswählt
11 Minuten lesen
25. November 2025 / Autor: Ihr fireTMS Team
Die Incoterms sind ein Regelwerk für den internationalen Warenverkehr, welche von der Internationalen Handelskammer (ICC) entwickelt wurden. Das letzte Dokument dieser Art wurde 2020 erstellt, und trotz der häufig erwähnten „Incoterms 2025“ wurden seither keine neuen Bestimmungen eingeführt. In diesem Artikel beleuchten wir die wichtigsten Aspekte bei der Wahl der passenden Regel für Unternehmen, die auf dem deutschen Markt tätig sind – mit Blick auf das Jahr 2025. Erfahren Sie, was die Incoterms beinhalten und wie sie in der Transport- und Speditionsbranche Anwendung finden.
Incoterms 2020-Regeln in den Gruppen E, F, C und D
Die Incoterms-Regeln definieren die Aufteilung von Kosten, Risiken und Verantwortlichkeiten zwischen Verkäufer und Käufer. Sie regeln Transport, Versicherung und Entladung der Ware. Das Dokument Incoterms 2020 enthält elf solcher Regeln, die je nach Beteiligungsgrad des Verkäufers und gewähltem Transportmittel Anwendung finden. Diese Regeln sind in vier Gruppen (E, F, C und D) unterteilt, je nachdem, wer die Transportkosten und -risiken trägt und wo das Risiko übergeht.
Gruppe E (EXW) – Ausgangspunkt: Der Verkäufer ist nur minimal am Transport beteiligt.
Gruppe F (FCA, FAS, FOB) – Der Verkäufer liefert die Ware, ohne die Kosten des Haupttransports zu tragen.
Gruppe C (CPT, CIP, CFR, CIF) – Der Verkäufer trägt die Transportkosten, das Risiko kann jedoch frühzeitig auf den Käufer übergehen.
Gruppe D (DAP, DPU, DDP) – Der Verkäufer trägt die größte Verantwortung bis zur Anlieferung der Ware am Bestimmungsort.
Darüber hinaus sollte man bedenken, dass Regeln wie FAS, FOB, CFR, CIF nur für den See- oder Binnenschiffsverkehr gelten.
EXW- und FCA-Regeln für Exporte aus Deutschland
EXW und FCA sind die beiden am häufigsten gewählten Lieferbedingungen für Exporte aus Deutschland. Beide definieren den Zeitpunkt der Warenübergabe und das damit verbundene Risiko, stellen aber völlig unterschiedliche Anforderungen an den Verkäufer. EXW beschränkt die Verpflichtungen des Verkäufers auf die Bereitstellung der Ware in seinen Geschäftsräumen, während FCA zusätzlich Verladung und Ausfuhrabfertigung bis zur Übergabe an den Spediteur umfasst.
EXW (Ex Works) Ware, die am Verkaufsort bereitgestellt wird
Die EXW-Regelung besagt, dass der Verkäufer die Ware dem Käufer in seinem Lager zur Verfügung stellt – ohne Verladung, Ausfuhrabfertigung oder Transport. Theoretisch ist dies die beste Lösung für den Verkäufer, da sie minimalen Aufwand erfordert. In der Praxis ergeben sich jedoch bei der Anwendung dieser Regel für Exporte aus Deutschland verschiedene Probleme.
Probleme, die sich aus der Anwendung der EXW-Regel ergeben
Der Verkäufer muss sicherstellen, dass der Käufer (oder dessen Beauftragter) die Ausfuhrabfertigung und Verladung tatsächlich organisiert – insbesondere, wenn der Käufer außerhalb der Europäischen Union ansässig ist
Fehlende Kontrolle über diesen Prozess birgt das Risiko, dass der Verkäufer indirekt als Exporteur gilt, was zusätzliche Steuerpflichten nach sich zieht
Eine Haftungsbeschränkung für den Transport kann zu Konflikten zwischen Verkäufer und Käufer führen.
FCA (Free Carrier), d. h. der Verkäufer ist verantwortlich
Die FCA-Regelung bedeutet hingegen, dass der Verkäufer die Ware am vereinbarten Ort an den Käufer liefert und bis zur Übergabe alle Kosten und Risiken trägt. Die Leitfäden der Industrie- und Handelskammer (IHK) zeigen, dass FCA in der Praxis deutlich sicherer ist als EXW und empfehlen daher generell deren Anwendung. Bei FCA ist es ratsam, mit dem Käufer den konkreten Lieferort zu vereinbaren und klar zu definieren, wer für die Ausfuhrabfertigung und wer für den Transport verantwortlich ist.
DAP, DPU und DDP, d.h. die Haftung des Verkäufers
Die drei Regeln der Gruppe D stellen die aufwändigsten Bestimmungen der Incoterms 2020 dar. Sie alle beschreiben die Lieferung an den Bestimmungsort des Verkäufers, unterscheiden sich jedoch im Verantwortungsbereich: Wer organisiert die Entladung, wer zahlt Zölle und Steuern und wer ist formell für die Einfuhr verantwortlich? Die Bandbreite reicht von der einfachen Lieferung (DAP) über die Lieferung mit Entladung (DPU) bis hin zur vollständigen Zoll- und Steuerverantwortung (DDP). In der Praxis beinhalten die meisten Handelsverhandlungen für Lieferungen nach Deutschland die Wahl einer dieser Regeln.
DAP (Geliefert an Ort) – der Verkäufer ist für die Lieferung der Ware verantwortlich
Diese Regelung verpflichtet den Verkäufer zur Lieferung der Ware an den vereinbarten Ort, jedoch nicht zum Entladen. Das Entladen erfolgt daher entweder durch den Käufer oder durch ein von ihm beauftragtes lokales Transportunternehmen. Viele Verkäufer bevorzugen diese Regelung, da sie für sie am bequemsten und planbarsten ist.
DPU (Delivered at Place Unloaded) – Der Verkäufer ist für das Entladen der Ware verantwortlich
Die Incoterms 2020 führten die DPU-Regel ein und ersetzten damit die frühere DAT-Regel. Sie verpflichtet den Verkäufer zur Lieferung und Entladung der Ware. Der wesentliche Unterschied zwischen DPU und DAT besteht darin, dass der Verkäufer die Ware an einem vereinbarten Ort entladen muss, der nicht zwingend ein Terminal sein muss. In der Praxis bedeutet dies einen größeren Aufwand für den Verkäufer, der geeignete Fahrzeuge und Personal bereitstellen und den Transport kontrollieren muss.
DDP (Delivered Duty Paid) – volle Haftung des Verkäufers
Dies ist die verbindlichste Regel für den Verkäufer. Gemäß dieser Regel liefert der Verkäufer die Ware an den vereinbarten Abholort, trägt alle Kosten – Transport, Zoll, Mehrwertsteuer – und erledigt alle Formalitäten. Bei der Einfuhr nach Deutschland ist dies eine sehr weitreichende Verpflichtung: Der Verkäufer wird zum faktischen Importeur (IOR) und benötigt daher möglicherweise eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer/EORI-Nummer, ist für die Zollabfertigung und etwaige Anpassungen verantwortlich. Deutsche Berater und die IHK betonen, dass diese Regel bewusst angewendet und die Konsequenzen bedacht werden sollten. Eine erwägenswerte Lösung ist die DAP-Regelung in Verbindung mit einem separaten Importservice.
Der regulatorische Rahmen der EU im Jahr 2025 – Was ist für die Incoterms wichtig?
Obwohl sich die Incoterms-Regeln im Jahr 2025 nicht geändert haben, machen zahlreiche regulatorische Änderungen auf EU-Ebene die Wahl der richtigen Regel umso wichtiger.
Die Verpflichtungen zur Sicherung der Lieferkette (ICS2, AEOC) erfordern eine klare Definition derjenigen, die die Erklärung abgeben und für die Dokumente verantwortlich sind.
Beispielsweise kann ein deutscher Verkäufer, der die EXW-Regel anwendet, bei der Mehrwertsteuerabrechnung für Exporte und Importe die Mehrwertsteuerbefreiung verlieren, wenn er keinen Ausfuhrnachweis erbringt.
Klimapolitik, Umweltabgaben und Hygienevorschriften – deutsche Auftragnehmer fordern zunehmend präzise Regelungen, beispielsweise zur Verantwortung für CO₂-Kosten.
Daher ist es in der Angebotsphase sinnvoll, nicht nur die Incoterms-Regel anzugeben, sondern den Vertrag auch durch zusätzliche Bestimmungen zu ergänzen, z. B. wer die Ausfuhranmeldung einreicht, wer die Zollabfertigung bezahlt, wer die Daten sammelt und wer die zusätzlichen Gebühren im Zusammenhang mit dem Fahren in Umweltzonen in Deutschland trägt.
Die häufigsten Fehler bei Angeboten und Speditionsaufträgen
Obwohl Incoterms die Kommunikation zwischen den Vertragsparteien erleichtern sollen, führt ihre Fehlinterpretation in der Praxis zu zahlreichen Problemen. Diese reichen von geschäftlichen Missverständnissen über Lieferverzögerungen bis hin zu kostspieligen Steuerstreitigkeiten. Im Folgenden haben wir die häufigsten Fehler in Angeboten und Speditionsaufträgen zusammengefasst, insbesondere im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit mit deutschen Auftragnehmern.
Die Verwendung von EXW, wenn der Verkäufer tatsächlich Transport und Zollabfertigung organisiert
Dies ist ein klassisches Beispiel dafür, wie Käufer und Verkäufer bei den Verkaufsverhandlungen Kosten sparen. EXW (Ex Works) soll eigentlich minimalen Aufwand für den Verkäufer bedeuten. Organisiert der Verkäufer jedoch den Transport, verlädt die Ware und übernimmt die Zollabfertigung, wird er faktisch zum Exporteur. Dies kann eine Steuerpflicht in Deutschland und den Verlust der Mehrwertsteuerbefreiung zur Folge haben. Daher empfiehlt es sich, EXW durch FCA mit einem klar definierten Lieferort zu ersetzen.
Anwendung der Wasserstraßenverkehrsregeln im Straßenverkehr
Die Klauseln FAS, FOB, CFR und CIF gelten ausschließlich für den See- und Binnenschiffstransport. Sie werden jedoch häufig auch für Tür-zu-Tür-Container- oder Straßentransporte verwendet. Die Folge: Unklarheiten hinsichtlich des Zeitpunkts des Risikoübergangs und eine Nichteinhaltung der Incoterms. In der Praxis sollten solche Fälle durch FCA, CPT oder CIP ersetzt werden, je nachdem, wer die Transportkosten trägt.
DDP-Deklaration ohne Vorbereitung auf die Einfuhrverpflichtungen
Die DDP-Regelung klingt für Kunden verlockend, kann aber für Verkäufer außerhalb Deutschlands eine Falle sein. DDP verpflichtet den Verkäufer, als Importeur aufzutreten: Er muss eine deutsche EORI-Nummer besitzen, die Mehrwertsteuer abführen und die lokalen Zollbestimmungen kennen. Andernfalls kann es zur Beschlagnahme der Waren an der Grenze oder zu zusätzlichen Kosten kommen. Eine Alternative ist DAP, bei dem der Import vom Kunden oder einem Zollagenten übernommen wird.
Unpräzise Definition des Lieferorts und des Zeitpunkts des Haftungsübergangs
Dieses scheinbar unbedeutende Detail ist in der Praxis oft die Ursache für Streitigkeiten. Es genügt, wenn der Vertrag lediglich eine Klausel enthält, die besagt, dass die FCA-Regel in Deutschland gilt, ohne jedoch Stadt oder Lager zu spezifizieren. Dadurch wird es schwierig festzustellen, ab welchem Zeitpunkt die Gefahr im Schadensfall übergegangen ist.
Empfiehlt sich daher stets, einen konkreten Übergabepunkt festzulegen und die Verantwortlichkeit für die Verladung zu bestimmen.
Unklare Bestimmungen bezüglich Zollformalitäten und EORI/USt-Daten
In den Beziehungen zwischen der EU und Drittländern wie der Schweiz oder Großbritannien kann eine ungenaue Identifizierung der Vertragspartner bei der Zollabfertigung zu Dokumentationsfehlern führen. Oft fehlen in den Bestellungen Angaben darüber, wer als Exporteur und wer als Importeur aufgeführt ist, oder sie enthalten Daten ohne Rechtsgrundlage. Dies führt zu Verzögerungen bei der Zollabfertigung, Kontrollen und Zeitverlust.
Die Wahl der richtigen Incoterms-Klausel ist mehr als nur eine Angebotsbedingung; sie stellt ein reales Risiko oder eine Absicherung für das Transport- oder Speditionsunternehmen dar. Auf dem deutschen Markt, wo die Formalitäten streng und die Partner anspruchsvoll sind, bedeutet die Wahl der richtigen Klausel, Streitigkeiten zu vermeiden, Kosten zu senken und die Planbarkeit zu erhöhen. Es ist wichtig zu beachten, dass EXW nicht immer die einfachste Lösung ist, DDP nicht immer die vorteilhafteste und die FCA-, DAP- und DPU-Klauseln erst in der Praxis Anwendung finden.
Betreiben Sie ein Transport- oder Speditionsunternehmen und suchen ein bewährtes, umfassendes Transportmanagementsystem? Dann ist fireTMS genau das Richtige für Sie! Mit dieser Lösung können Sie nicht nur neue Aufträge erfassen und bearbeiten, sondern auch Transporte planen, Routen optimieren, Sendungen in Echtzeit überwachen und Aufträge abwickeln, indem Sie automatisch Rechnungen erstellen und Berichte zu Ihren Geschäftsvorgängen einsehen. Erstellen Sie jetzt ein kostenloses fireTMS-Konto und testen Sie unser TMS 360°-System14 Tage lang gratis!
Informationen von fireTMS sind so wertvoll wie die Ladung
Wir informieren regelmäßig über unser System und Themen aus der TSL-Branche.
Abonnieren Sie unseren Newsletter und bleiben Sie mit allen Informationen auf dem Laufenden.
Tags
Rate the article!
0 ratings, avg: 0
Ihr fireTMS Team
Dieser Artikel wurde vom fireTMS-Team auf der Grundlage seiner Kenntnisse, Erfahrungen und Vertrautheit mit der TSL-Branche verfasst.
Berichte für Transport- und Speditionsunternehmen sind ein grundlegendes Instrument zur Überwachung der Unternehmensleitung deren Ergebnisse. Sie unterstützen nicht nur wichtige Geschäftsentscheidungen, sondern identifizieren auch Verbesserungspotenziale. Automatisiertes Reporting spart erheblich Zeit, da manuelles Suchen und anschließendes Zusammentragen von Daten aus verschiedenen Systemen, Tabellenkalkulationen und Papierdokumenten entfällt. Heute erklären wir, wie sich das Transport- und Speditionsmanagement mit […]
Präzise und korrekt ausgefüllte Transport- und Speditionsaufträge sind die Grundlage der reibungslosen Geschäftstätigkeit in der TSL-Branche. Selbst ein kleiner Fehler, wie etwa ein falsches Ladegewicht oder eine ungenaue Adresse, kann kostspielige Irrtümer verursachen. Einen ähnlichen Einfluss können Störungen der Kommunikation zwischen Spediteuren und Frachtführern sowie Fahrern haben. Genau deshalb führen moderne Systeme für die Transportauftragsverwaltung, […]
Die Führung eines kleinen Speditionsunternehmens bedeutet tägliches Jonglieren mit steigenden Kundenerwartungen, Transportkosten, der Verfügbarkeit von Frachtführern und der Notwendigkeit, schnell auf Veränderungen zu reagieren. In einem solchen Umfeld ist die passende Speditionssoftware kein Luxus – sondern die Grundlage für effizientes Funktionieren. Transport- und Speditionssoftware (TMS) ist längst kein Werkzeug mehr, das nur großen Unternehmen und […]